Insolvenz

Was bedeutet Insolvenz?

Insolvenz bedeutet, dass eine Person oder ein Unternehmen zahlungsunfähig ist oder überschuldet ist. Im Fall der Zahlungsunfähigkeit kann der Schuldner seine Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen, weil er nicht über genügend liquide Mittel verfügt. Im Fall der Überschuldung übersteigen die Verbindlichkeiten das Vermögen und es besteht eine negative Fortführungsprognose für das Unternehmen. Ein Insolvenzverfahren soll in einem solchen Fall die Situation geordnet lösen.

Ziel eines Insolvenzverfahrens

Der Zweck eines Insolvenzverfahrens ist es, die bestmögliche Lösung für alle beteiligten Parteien zu finden. Dies beinhaltet:

  1. Gläubigerschutz: Sicherstellung, dass die Gläubiger (also diejenigen, denen der Schuldner Geld schuldet) bestmöglich befriedigt werden. Das bedeutet, dass vorhandene Vermögenswerte des Schuldners fair verteilt werden.
  2. Sanierung: Wenn möglich, soll das Unternehmen saniert werden. Das heißt, es wird versucht, das Unternehmen durch Restrukturierungsmaßnahmen wieder zahlungsfähig zu machen, sodass es weiterbestehen und Arbeitsplätze erhalten bleiben können.
  3. Entschuldung: Im Falle einer Privatinsolvenz wird angestrebt, dem Schuldner nach einer gewissen Zeit eine “zweite Chance” zu geben, indem ihm ein Teil der Schulden erlassen wird (Restschuldbefreiung).

Ablauf eines Insolvenzverfahrens

  1. Insolvenzantrag stellen
    • Eigenantrag durch Schuldner oder Fremdantrag durch Gläubiger
  2. Prüfung durch Insolvenzgericht
    • Prüfung der Zulässigkeit und Vollständigkeit des Antrags
    • Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens
  3. Eröffnungsbeschluss
    • Gericht erlässt Eröffnungsbeschluss
    • Bestellung eines Insolvenzverwalters
  4. Sicherungsmaßnahmen
    • Sicherung der Vermögenswerte durch den Insolvenzverwalter
  5. Gläubigerversammlung
    • Erstes Treffen der Gläubiger
    • Informationen über die finanzielle Lage des Schuldners
    • Wahl des Gläubigerausschusses (falls erforderlich)
  6. Insolvenzverwalter ermittelt Vermögenswerte
    • Aufstellung des Vermögensverzeichnisses
    • Bewertung der Vermögenswerte
  7. Prüfung der Forderungen
    • Anmeldung der Forderungen durch Gläubiger
    • Prüfung und Feststellung der Forderungen durch den Insolvenzverwalter
  8. Verwertung der Vermögenswerte
    • Verkauf oder Verwertung von Vermögensgegenständen
    • Zuführung der Erlöse zur Insolvenzmasse
  9. Verteilung der Insolvenzmasse
    • Verteilung der Erlöse an die Gläubiger gemäß der Insolvenzordnung
    • Abschlagszahlungen (falls genügend Mittel vorhanden)
  10. Schlussverteilung
    • Endgültige Verteilung der verbliebenen Mittel an die Gläubiger
  11. Restschuldbefreiung (bei Privatpersonen)
    • Möglichkeit der Restschuldbefreiung nach einer Wohlverhaltensphase (3 Jahre)
  12. Beendigung des Verfahrens
    • Schlussbericht des Insolvenzverwalters
    • Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch das Gericht
  13. Nachverfahrensphase (falls erforderlich)
    • Weitere Maßnahmen zur Restschuldbefreiung oder Aufarbeitung von Verbindlichkeiten

Diese Schritte bieten einen Überblick über den typischen Ablauf eines Insolvenzverfahrens in Deutschland. Der genaue Ablauf kann je nach Art des Verfahrens (z.B. Regelinsolvenz, Verbraucherinsolvenz) und den individuellen Umständen variieren.

Wer kann einen Insolvenzantrag stellen?

Einen Insolvenzantrag kann grundsätzlich sowohl vom Schuldner selbst als auch von Gläubigern gestellt werden. Der Notar ist jedoch für Insolvenzanträge nicht zuständig, insbesondere muss der Antrag nicht notariell beglaubigt sein! Hier sind die verschiedenen Möglichkeiten im Detail:

  1. Eigenantrag (Schuldner): Der Schuldner, der zahlungsunfähig oder überschuldet ist, kann selbst einen Insolvenzantrag stellen. Dies gilt sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen.
  2. Fremdantrag (Gläubiger): Ein Gläubiger, der eine fällige Forderung gegen den Schuldner hat, kann einen Insolvenzantrag stellen, wenn er glaubhaft machen kann, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist. Gläubigeranträge sind häufig bei Unternehmen anzutreffen, aber auch Privatpersonen können von ihren Gläubigern in die Insolvenz gezwungen werden.
  3. Pflicht zur Insolvenzanmeldung: Insbesondere bei juristischen Personen besteht die Pflicht, innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen. Diese Pflicht liegt bei den Vertretern der Gesellschaft, z.B. bei den Geschäftsführern einer GmbH oder den Vorständen einer AG.
  4. Sonstige Berechtigte: In einigen speziellen Fällen können auch andere Parteien berechtigt sein, einen Insolvenzantrag zu stellen, beispielsweise im Rahmen von Nachlassinsolvenzverfahren die Erben oder der Nachlassverwalter.

Wie wird ein Insolvenzantrag gestellt?

  1. Formulare und Unterlagen:
  2. Die benötigten Formulare und Unterlagen sind je nach Art des Verfahrens (Verbraucherinsolvenz, Regelinsolvenz, Unternehmensinsolvenz) unterschiedlich. Diese Formulare sind bei den zuständigen Insolvenzgerichten erhältlich und können oft auch online heruntergeladen werden.
  3. Wesentliche Inhalte des Antrags:
  4. Schuldnerangaben: Vollständige Angaben zum Schuldner, wie Name, Adresse und gegebenenfalls Unternehmensdaten.
  5. Darstellung der Vermögenssituation: Eine detaillierte Auflistung aller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten.
  6. Begründung der Insolvenzgründe: Darstellung der Gründe für die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung.
  7. Forderungsnachweise (bei Fremdantrag): Der Gläubiger muss seine Forderungen und den Grund für die Annahme der Zahlungsunfähigkeit nachweisen

Wo wird der Insolvenzantrag gestellt?

Der Insolvenzantrag ist bei den für Insolvenzsachen zuständigen Amtsgerichten zu stellen. Örtlich zuständig ist in der Regel das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk das Schuldnerunternehmen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Das ist in der Regel der Geschäftssitz.

Welches Insolvenzgericht zuständig ist, finden Sie hier: https://www.justizadressen.nrw.de/de/justiz/suche

Welche Fristen sind einzuhalten?

Bei einem Insolvenzverfahren sind verschiedene Fristen einzuhalten, die sowohl den Schuldner als auch die Gläubiger und das Insolvenzgericht betreffen. Hier sind die wichtigsten Fristen im Überblick:

  1. Antragstellung durch Schuldner (Eigenantrag):
    • Bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist der Schuldner (insbesondere juristische Personen) verpflichtet, innerhalb von drei Wochen einen Insolvenzantrag zu stellen.
  2. Antragstellung durch Gläubiger (Fremdantrag):
    • Gläubiger können jederzeit einen Insolvenzantrag stellen, wenn sie eine fällige Forderung haben und glaubhaft machen können, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist.
  3. Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts:
    • Das Insolvenzgericht prüft den Antrag und entscheidet in der Regel innerhalb weniger Wochen über die Eröffnung des Verfahrens. Die genaue Frist hängt von der Komplexität des Falls ab.
  4. Gläubigerversammlung:
    • Die erste Gläubigerversammlung findet in der Regel innerhalb von sechs Wochen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens statt.
  5. Forderungsanmeldung:
    • Gläubiger müssen ihre Forderungen innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist anmelden. Diese Frist beträgt meist zwei bis drei Monate ab dem Eröffnungsbeschluss.
  6. Prüfungstermin:
    • Der Prüfungstermin, bei dem die angemeldeten Forderungen geprüft werden, wird vom Gericht festgelegt und findet üblicherweise einige Wochen nach Ablauf der Anmeldefrist statt.
  7. Berichtstermin:
    • Der Berichtstermin, bei dem der Insolvenzverwalter über den Stand des Verfahrens berichtet, findet oft gleichzeitig mit der ersten Gläubigerversammlung statt.
  8. Wohlverhaltensphase (bei Privatpersonen):
    • Die Wohlverhaltensphase dauert drei Jahre.
  9. Restschuldbefreiung (bei Privatpersonen):
    • Der Antrag auf Restschuldbefreiung muss spätestens sechs Monate nach Ablauf der Wohlverhaltensphase gestellt werden.
  10. Verwertungsphase und Verteilung der Insolvenzmasse:
    • Der Insolvenzverwalter hat keine feste Frist für die Verwertung der Insolvenzmasse, dies erfolgt jedoch im Laufe des Verfahrens. Die Verteilung der Erlöse an die Gläubiger erfolgt sukzessive nach Verwertung der Vermögenswerte.
  11. Schlussverteilung und Verfahrensbeendigung:
    • Die Schlussverteilung und Beendigung des Verfahrens erfolgen nach vollständiger Verwertung der Insolvenzmasse und Abschluss der Verteilung, was mehrere Monate bis Jahre dauern kann, abhängig von der Komplexität des Falles.

Welche Rechtsfolgen können eintreten, wenn ich es Versäume den Insolvenzantrag zu stellen?

Das Versäumnis, einen Insolvenzantrag rechtzeitig zu stellen, kann schwerwiegende Rechtsfolgen haben, insbesondere für die Geschäftsführung von Unternehmen. Hier sind die wichtigsten Rechtsfolgen im Überblick:

  1. Haftung der Geschäftsführung:
    • Gläubiger können die Geschäftsführer oder Vorstände von Unternehmen (z.B. GmbH, AG) persönlich für den entstandenen Schaden haftbar machen, wenn die Geschäftsführer/Vorstände einen Insolvenzantrag verspätet stellen. Diese Haftung kann sich auf alle Verbindlichkeiten des Unternehmens erstrecken, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung entstanden sind.
  2. Strafrechtliche Konsequenzen:
    • Insolvenzverschleppung: Die verspätete Stellung eines Insolvenzantrags kann den Straftatbestand der Insolvenzverschleppung erfüllen. In Deutschland gilt § 15a InsO und sieht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vor.
    • Weitere Straftatbestände: Neben der Insolvenzverschleppung können auch weitere Straftatbestände wie Betrug, Untreue, Bankrott, Verletzung der Buchführungspflicht, oder Gläubiger- oder Schuldnerbegünstigung relevant werden.
  3. Berufs- und Gewerbeverbote:
    • Gewerbeuntersagung: Bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen kann die zuständige Behörde eine Gewerbeuntersagung verhängen. Dies bedeutet, dass die betroffenen Personen für eine bestimmte Zeit kein Gewerbe mehr ausüben dürfen.
    • Berufsverbote: Insbesondere für Berufsgruppen wie Rechtsanwälte, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer kann ein solches Versäumnis zu einem Berufsverbot führen.
  4. Verlust von Ansprüchen auf Restschuldbefreiung:
    • Verbraucherinsolvenz: Bei Privatpersonen kann eine verspätete Antragstellung den Anspruch auf Restschuldbefreiung gefährden, insbesondere wenn das Versäumnis als vorsätzliche Benachteiligung der Gläubiger gewertet wird.
  5. Eingeschränkte Sanierungsmöglichkeiten:
    • Rechtsverfolgung und Exekution: Gläubiger können, solange ein Insolvenzverfahren nicht eröffnet ist, weitergehende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten, was die finanzielle Situation des Unternehmens oder der betroffenen Person weiter verschärfen kann.
    • Verlust von Sanierungschancen: Eine rechtzeitige Antragstellung ermöglicht oft Sanierungsmaßnahmen und eine bessere Kontrolle über die Vermögenswerte. Eine verspätete Antragstellung kann diese Chancen erheblich beeinträchtigen.
  6. Negative Auswirkungen auf das Unternehmen:
    • Vertrauensverlust: Kunden, Lieferanten und Geschäftspartner verlieren möglicherweise das Vertrauen in das Unternehmen, was zu weiteren wirtschaftlichen Schwierigkeiten führen kann.
    • Geschäftsunterbrechungen: Eine ungeordnete Insolvenz kann zu abrupten Geschäftsunterbrechungen und damit zu einem vollständigen Verlust des Unternehmens führen.

Wir empfehlen Ihnen immer, sich an einen Fachanwalt für Insolvenzrecht zu wenden, da ein falscher, nicht vollständiger oder nicht rechtzeitig gestellter Insolvenzantrag mitunter strafrechtliche Folgen nach sich ziehen kann (siehe oben)!

Weitere Informationen finden sie auch hier.